Kreativer Ästhet
Mit 22 Jahren war er Vorarlbergs jüngster Friseurmeister. Erfahrungen als Stylist sammelte er im heimischen Ländle und in der Schweiz, bevor er vor über 20 Jahren seinen eigenen Salon in Lustenau eröffnete. Die Verbindung von Handwerk, Kunst und Design sind sein persönliches Lebens- und Unternehmenskonzept und elementarer Ausdruck seiner Person. Wohl deshalb hat sich der kreative Ästhet Anfang des Jahres mit seinem Partner Mike Delicay selbst verwirklicht: Die H^^rchitektur in Dornbirn ist Prunk und Punk, Galerie, Designobjekt und HighTec in allen Bereichen. Und eben doch, oder gerade deswegen, ein Friseursalon!
Fakten:
Friseurunternehmer seit 22 Jahren
6 Mitarbeiter | 4 Lehrlinge
10 Schneideplätze
Wie beschreiben Sie Ihr Unternehmenskonzept?
Die H^^RCHiTEKTUR ist unique, großzügig, anspruchsvoll, aussagekräftig.
Wir sehen uns als Informationsplattform für Lifestyle und Fashion, für Design und Kunst, aber auch als Kontaktbörse und Schnittstelle für verschiedenste Firmen, die Design und Handwerk anbieten. Bei uns können Künstler ihre Bilder ausstellen - natürlich nur, sofern sie in unser Konzept passen - und das Interieur im Wartebereich wechselt regelmäßig. Hier haben wir eine Kooperation mit einem lokalen Designershop. Der Kunde kann bei uns praktisch die Couch, auf der er sitzt, gleich kaufen, bzw. bekommt er in diesem Partnerunternehmen gesonderte Konditionen.
Die H^^RCHiTEKTUR spiegelt den Zeitgeist unserer Gesellschaft wider, dass man sich großzügig gibt, sich mit schönen Dingen beschäftigt und mit stilvollen Kleinigkeiten umgibt. Jeder Kunde hat seinen Alltag und bei uns soll er einfach nur Zeit für sich haben.
Ja, die Kunden fühlen sich wohl, auch wenn es manchem vielleicht zu modern ist. Aber trotz des Betons und des Stahls, der Barockelemente und des Goldes ist es hier einladend. An der Decke haben wir 2,6 km gelochtes Aluminium in Bögen verlegt und die steuerbaren LEDs in diesen Bögen erzeugen individuelle Stimmungen. Auch die runden Wände passen sich dem an. Vorn im Salon geht´s turbulent zu, dafür kann man in den Cubes entspannen. Hier hat jeder seine Intimsphäre, einen abgeschirmten Schneideplatz mit dimmbarer Beleuchtung, Internet und Musikanlage fürs eigene iPod. Bei Bedarf können wir bis zu vier dieser maßgefertigten und einzeln fahrbaren Séparées zusammenstellen und z.B. Freundinnen können nebeneinander, aber abgeschirmt von anderen bedient werden. Keiner sitzt gerne mit der Farbe auf dem Kopf in der Auslage und kein Kunde sitzt wirklich gern in einer Reihe neben dem anderen.
Unsere Kunden sind hier quer durch alle Altersklassen, vom Kleinkind bis zur Pensionistin und Sie kommen auch aus Deutschland, der Schweiz oder aus Wien, aber auch aus den vereinigten Emiraten, die den intimen Service der Séparées besonders zu schätzen wissen.
Das Objekt stand schon länger leer. Wir sind also irgendwann mit unserem fertigen Salon-Konzept, welches ich bereits vor 21 Jahren geschrieben, geistig durchwandert und die Prototypen für die Cubes entwickelt habe, zum Vermieter gegangen, der war begeistert von unseren Ideen und er hat uns dann schließlich hier in Dornbirn den Kontakt zum Architekten Alexander Diem vermittelt. Das Projekt war auch für den Architekten eine neue Erfahrung, weil solch ein Friseursalon auch für ihn etwas Ungewöhnliches war. Wir arbeiten hier mit Fotovoltaik-Technik und speisen die warme Luft, die wir z.B. beim föhnen produzieren, gleich in das gesamte Energiesystem ein. Unsere Massagesessel arbeiten mit Luftdruck und passen sich so ganz individuell dem Körper an, was beispielsweise bei Bandscheibenproblemen besser ist als bei herkömmlichen Massagesessel.
Unsere flexiblen Schneideplätze, die wir Cubes nennen, sind ausgestattet mit Internet, Bluetooth, Musikanlage für eigenen iPod, haben eine steuerbare Lichtregelung, diverse flexible Halterungen und Ablagen für Taschen, Zeitschriften ect., und jeweils eine eigene Staubsaugeranlage. Die Cubes sind komplett beweglich, womit man auch den Raum individueller gestalten kann, z.B. für Schulungen oder Veranstaltungen.
Ich denke schon, Kreativität ist mir sehr wichtig und ich trau mich auch, diese auszuleben. Es ist mir egal, was andere dabei von mir denken. Ich lege viel Wert auf Details und Stil und das in allen Lebensbereichen.
Aus schwerwiegend gesundheitlichen Gründen mussten Sie für längere Zeit „kürzertreten“, haben allen schlechten Prognosen getrotzt und sind jetzt wieder zurück im Salon. Machen Sie etwas anders als vorher?
Nein. Ich mache nichts anders, ich lebe nach wie vor bewusst, so wie ich das immer schon getan habe. Ich bin auch nach wie vor gerne für andere da, das ist mir wichtig. Jeder Mensch braucht andere Menschen zum Wachsen, mit all deren Erfahrungen und Erlebnissen. Und jedem Menschen, der mit mir, in welcher Art auch immer, in Kontakt tritt, und sei es „nur“ in einem Gespräch, dem widme ich mich mit meiner ganzen Aufmerksamkeit und meinen Gedanken. Und so bin ich auch mit meiner Krankheit umgegangen. Ich habe sie einfach ausgeblendet, mich normalen Dingen und der Arbeit zugewandt. Ich bin ein Stehaufmännchen und es braucht viel, dass ich nicht arbeiten würde.
Ganz einfach: Ein Haarstyler, der versteht, wie eine Frisur, ähnlich wie das Fundament eines Hauses, von Grund auf aufgebaut ist. Ein Schnitt hat sehr viel mit Architektur zu tun und je besser das Fundament, desto besser die Frisur. Es können 5 Kunden denselben Schnitt haben, aber jeder Trend ist auch individualistisch und sieht auf jedem Kopf anders aus, durch die unterschiedliche Kopfform jedes Einzelnen, wird jeder Schnitt einzigartig.
Die Optik ist entscheidend, der Stil und der Anspruch, den derjenige an sich selbst hat. Du kannst beim Kunden nur Qualität leisten, wenn du diese selbst siehst, wahrnimmst und auch lebst, wir repräsentieren einen Ästhetischen Beruf und das sollten wir auch vorzeigen, was Ästhetik heißt.
Und da liegt für mich auch das Geheimnis des Erfolges, was ja kein Geheimnis ist: Du musst jeden einzelnen Kunden immer als Neukunden betrachten und ihm immer wieder deine volle Aufmerksamkeit und Neugier schenken, versuchen Diesen für ein neues Styling und eine neue Artikulation zu begeistern. Jeder hat seine eigene Bühne und dafür sollten sich alle ins Zeug legen.
Konzentration und perfektioniertes Arbeiten, was aber nicht heißt, dass jeder perfekt sein muss!
Wenn ein Mitarbeiter seine Arbeit macht und diese für ihn und für uns passt, dann super.
Wenn er etwas nicht kann, kann er´s lernen.
Wenn er es aber kann, nur nicht richtig macht, haben wir ein Problem.
Ab dem 1. bis 3. Lehrjahr gibt es Wifi Kurse für jeden, diese unterstützen wir zusätzlich mit Trainingsabenden bei uns im Geschäft, von unseren Partnerfirmen, u.a. von ORIBE und KMS wird ein zusätzlicher Know-how vermittelt.
Mai 2013 | Interview: Katja Ottiger